Proviant für besondere Zeiten – St. Nicolaus Alsterdorf: Vorsichtige Rückkehr zu kirchlichem Alltag

Ein Virus beherrscht die Abläufe in unserer Gesellschaft. Museen, Zoos, Clubs, Spielplätze und alle anderen Stätten, an denen viele Menschen zusammenkommen, wurden im April geschlossen, so auch die Stiftungskirche St. Nicolaus.

Für die Angebote der Stiftung in der Kirche St. Nicolaus auf dem Gelände der Evangelischen Stiftung Alsterdorf sowie der Kapellen im Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf und in den Heinrich Sengelmann Kliniken in Bargfeld-Stegen bedeuteten diese geschlossenen Türen einen herben Einschnitt: keine Gottesdienste in gewohnter Gemeinschaft, keine Konzerte, keine Trauerfeiern, keine Taufen, Konfirmationen oder Hochzeiten, manchmal noch nicht einmal die Möglichkeit, zum stillen Gebet einzukehren. Zudem musste die Schließung kurz vor dem Osterfest, dem wichtigsten christlichen Fest, erfolgen und es stellte sich die Frage, auf welchen Wegen die Besucher*innen der Kirche alternativ erreicht werden könnten. Denn normalerweise ist die St. Nicolaus-Kirche zum Ostergottesdienst bis auf den letzten Platz gefüllt – der Bedarf an Gemeinschaft also groß.

Proviant zu Ostern

Ein Banner am Kirchturm von St. Nicolaus rief zusätzlich in die Stadt: „Gott gibt uns den Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit“. Mit dieser Zuversicht und großem Einfallsreichtum gingen die Seelsorger*innen, Mitarbeiter*innen der Diakonischen Profilentwicklung und Ehrenamtliche daher unverzüglich ans Werk. So wurden in Bargfeld-Stegen und vor St. Nicolaus Wäscheleinen gespannt. Keine Wäsche, aber kleine Tütchen mit „Proviant“ für Ostern wurden aufgehängt. Der Proviant: eine Kerze, eine Oblate, ein Stein, ein tröstender Ostertext und ein Segensband – Symbole für die Ostergeschichte und eine tägliche Erinnerung an Gemeinschaft. Denn wenn die Menschen schon nicht in die Kirche kommen können, kommt die Kirche zu ihnen. Ein kleines Team machte sich auf den Weg zu Kolleginnen und Kollegen rund um den Alsterdorfer Markt und überbrachte die Grüße persönlich – daraus wurden viele Gelegenheiten zu Tür-und-Angel-Gesprächen. Zusätzlich begleitet wurde das Osterfest mit ermutigenden Videoandachten von Pastor Hanns-Stephan Haas, Pastor Christian Möring, Diakonin Katharina Seiler und Spiritual Günther Hahnemann – wie immer musikalisch zauberhaft begleitet vom Kirchenmusiker Sebastian Sprenger. Und weil die Nachfrage so groß war, blieb die Leine vor St. Nicolaus auch nach Ostern hängen und wird weiterhin regelmäßig bestückt, sodass Passanten sich wöchentlich, jeweils am Sonnabend, auf ihrem Weg zum oder vom Alsterdorfer Markt eine Alsterdorfer „Ermutigung“ von der Leine pflücken können. Ein zusätzlicher E-Mail-Versand für die Ermutigung bedient mittlerweile ebenfalls einen großen Verteiler.

Die Leine – Foto: Berndt Rytlewski

Zarte Kirchenöffnung

Im Mai erfolgte dann endlich wieder eine erste „zarte“ Kirchenöffnung – verbunden mit erheblichen Auflagen, wie die konsequente Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln.
Mit jedem Gottesdienst lernen wir nun dazu: Ohne Gemeindegesang und ohne Abendmahl werden die Gottesdienste kürzer – vielleicht dadurch auch meditativer. Vielleicht lösen sich die „neuen“ Gottesdienste von traditionellen Formen ab, weil die liturgischen Wechselgesänge gesummt oder hinter Masken gemurmelt auf die Dauer nicht zufriedenstellen. Oder es beteiligen sich mehr Menschen mit kleinen inhaltlichen Beiträgen am Gottesdienst. Und vielleicht gehen wir viel öfter raus aus dem Kirchenraum, an die frische Luft, und lassen Bäume, Wiesen, Flüsse und Seen unsere Gotteshäuser sein. So machen wir es zum Beispiel ja schon zum Erntedankgottesdienst auf dem Alsterdorfer Markt. Und wir denken nach über weitere digitale Angebote, die Menschen erreichen und trösten.

Die leere Kirche – Foto: Berndt Rytlewski

Wir entdecken gerade viele neue, gute Wege, um verbunden zu bleiben. In der Bibel heißt es: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern den Geist der Besonnenheit.“ Unter diesem guten Motto wird auch unser kirchliches Leben in der ESA weitergehen.