Auf einen „virtuellen“ Kaffee mit Christian Möring

Kaffeeklatsch im Zeitalter von Kontaktsperren mit dem Seelsorger im Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf.

Herr Möring, wie wird man Seelsorger, haben Sie als Kind schon immer alle in den Arm nehmen wollen?

Christian Möring – Foto: Axel Nordmeier

(Lacht) Ich nehme als Seelsorger nicht alle in den Arm, aber Nähe ist wichtig. Wichtiger als Erklärungen. Menschen spüren, dass sie nicht alleine sind. Das war für mich tatsächlich als Kind schon wichtig.
Und so ist das auch bei meiner Arbeit im Krankenhaus. Ich rede mit den Menschen über ihr Leben und ihre Krankheit. Und dabei entdecken sie selbst neue Perspektiven.

Gab es bei Ihnen so etwas wie ein Erweckungserlebnis, um den Beruf des Seelsorgers zu ergreifen?

Eher nicht. Es war ziemlich unspektakulär. Ich habe nach dem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr gemacht. Da habe ich gemerkt, mich interessieren die Gespräche mit anderen Menschen über das Leben. Religion macht es möglich, sich ernsthaft mit alltagsphilosophischen Fragen auseinanderzusetzen.

Wo ist denn die Religion in Ihr Leben gekommen?

In der kirchlichen Jugendgruppe. Mit anderen was zu unternehmen und zu reden, das hat mir gutgetan.

Werner Momsen – Foto: Axel Nordmeier

Und was ist Gott für Sie? Der alte Mann mit weißem Bart auf der Wolke?

Für mich steht Gott für ein unbestimmtes Vertrauen in die Welt, auch wenn ich sie nicht verstehe. Gott ist das Leben, und das haben wir nicht im Griff. Wir leben es. Von Gott kann ich nur in Symbolen reden. Also: ein Berg mit seiner Stabilität oder das Meer, das mich trägt. Das sind Symbole für Gott. Auch wenn mir klar ist, dass ein Berg einstürzen und ich im Meer untergehen kann.

Sie arbeiten mit Kranken, da ist der Tod ja oft nahe. Was glauben Sie denn, geht es nach dem Tod noch weiter?

Die Frage nach dem Tod ist die Frage nach dem Leben. Ich kann mich nur vom Leben verabschieden, wenn ich mein Leben gelebt habe. Dann kann ich auch offen auf den Tod zugehen.

Das heißt, man sitzt nicht nach dem Tod mit Oma und Opa wieder am Tisch und spielt Doppelkopf?

Als Bild ist das o. k. Aber es ist eben nur ein Bild. Es ist keine dokumentarische Beschreibung, wie es danach ist. Diese Bilder helfen uns, auf den Tod zuzuleben.

Ist ja auch der letzte Kick, den das Leben noch parat hat, nicht zu wissen, was kommt, wenn das Licht ausgeht. Wer ist man dann? Was hat man an? Und wer ist da sonst noch so?

Wenn man da noch neugierig drauf sein kann, ist das großartig.

Sind die Ängste in Zeiten von Corona anders als sonst bei den Erkrankten?

Die Unsicherheit hat zugenommen. Wenn vor Corona bei Patienten schon nicht klar war, was jetzt wird, wo sie erkrankt sind, ist diese Situation mit Corona noch unklarer, weil die Corona-Problematik noch obendrauf gekommen ist.

Haben Sie darauf denn eine Antwort?

Nein, Antworten nicht. Es geht bei meinen Gesprächen mehr darum, die eigene Situation zu beschreiben, gemeinsam nachzudenken, mit der Angst nicht alleine zu bleiben. Dabei entsteht oft Kraft für die Situation.  

Wer sorgt denn für Ihre Seele?

Professionell machen das meine Kollegen und persönlich habe ich ein gutes Umfeld von Menschen, die mir nah sind. Manchmal hilft es mir auch, für mich zu sein und meinen eigenen Gedanken nachzugehen.

Kommen wir noch mal auf Corona zurück. Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Krise endlich vorbei ist?

Darauf, Leute in den Arm zu nehmen, im Club mit vielen Menschen in verqualmten Räumen zu tanzen und Freunde zu treffen.

Wen würden Sie denn am liebsten mal treffen, wenn Sie sich jemanden wünschen könnten?

Schwere Frage …

Politiker, Sportler, Promi? Was ist der erste Impuls?

Angela Merkel. Und mit ihr würde ich mich über das Flüchtlingsjahr 2015 unterhalten. Da habe ich gerade den Fernsehfilm dazu gesehen. Ich finde es richtig, dass damals die Grenzen geöffnet wurden, und ich würde sie fragen, was die Reaktionen mit ihr gemacht haben.

Wo entspannt ein Möring nach Feierabend am besten? Was bringt ihn zum Schweigen?

Ein Kaffee auf meinem Balkon mit Blick in den Innenhof. Wenn dann noch der Mond scheint und die Sterne am Himmel leuchten …

Christian, setz einen auf, ich komm gleich vorbei!


Werner Momsen finden Sie im Internet unter www.werner-momsen.de