Liebe Leserin, lieber Leser,
nach den ersten Wochen der Corona-Pandemie, die unser Leben und unsere Arbeit in allen Bereichen einmal komplett auf den Kopf gestellt hat, sind wir in gewisser Weise unmerklich fast schon angekommen in neu entwickelten bzw. angepassten Abläufen und Strukturen, haben Erfahrungen gesammelt, von denen wir nun profitieren, und Wege gefunden, um flexibel auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren zu können. Sogar auf die fehlende langfristige Planbarkeit und die Ungewissheit, wie die Situation in ein paar Wochen sein wird, haben wir uns teilweise eingestellt. Wir fahren auf Sicht und es scheint, als könnten wir jetzt kurz durchatmen.
In der Evangelischen Stiftung Alsterdorf waren die letzten Wochen gefüllt mit schnellen und grundlegenden Entscheidungen und einem hohen Maß an Organisation und Disziplin: In den Werkstätten galten Betretungsverbote und die Tagesförderstätten wurden geschlossen, sodass die Menschen mit Behinderung zu Hause bleiben mussten. In den Hausgemeinschaften mussten somit schlagartig neue Tagesstrukturen aufgebaut werden, während gleichzeitig keine Besuche stattfinden durften und Kontakte weitgehend eingeschränkt wurden. Das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf (EKA) baute parallel eine Station auf für die Versorgung von Covid-19-Patient*innen mit Behinderung, die Schulen und Kitas mussten den Unterricht und die Begleitung der Kinder und Familien nach den Frühjahrsferien dezentral organisieren.

Jeder Tag brachte neue Herausforderungen, für die es keine fertige Blaupause gab. Über allem stand zudem die schnelle Umsetzung von umfassenden behördlichen Verordnungen zum Schutz und zur Hygiene in enger Abstimmung mit der Mitarbeitervertretung und dem Betriebsarzt sowie die Organisation von Schutzkleidung, um vor allem anderen die grundlegende und elementare Sicherheit von Mitarbeitenden und Klient*innen zu gewährleisten.
So entstand jeden Tag ein stärkeres Gerüst mit Antworten auf die große Frage, die immer im Raum stand: „Was passiert, wenn?“ Glücklicherweise sind unsere größten Befürchtungen bisher ausgeblieben und wir freuen uns sehr, dass nur einzelne Infektionsfälle bei Mitarbeitenden und Klient*innen aufgetreten sind. In den wenigen Fällen, in denen eine Quarantäne angeordnet war, wurden die Maßnahmen der Gesundheitsämter in einer sicheren Weise umgesetzt.
Die neuen Strukturen zeigen sich tragfähig und die ersten Lockerungen des „Shutdowns“ lassen auf eine weitere Entspannung hoffen, sodass das EKA allmählich zum Krankenhausalltag zurückkehren kann. Die Abiturprüfungen an den Bugenhagenschulen wurden erfolgreich abgelegt und aktuell wird die Wiederaufnahme der Beschäftigung in den Werkstätten geplant.
Daher wagen wir nun einen ersten Blick zurück. Wir sehen schon jetzt, wie wichtig die Erfahrungen und Erkenntnisse sind, die wir in den letzten Wochen in allen Bereichen gesammelt haben, welche Lösungen auch über die Zeit der Pandemie hinaus für unsere Arbeit bedeutsam bleiben werden und welche Formen der Zusammenarbeit, besonders die digitalen, uns auch in Zukunft das Leben erleichtern können.
Und wir glauben, dass der gemeinsame Austausch über diese unterschiedlichen Erfahrungen wichtig ist. Leider können wir derzeit nur vereinzelt direkt mit Ihnen ins Gespräch kommen, daher haben wir uns stattdessen entschlossen, eine Sonderausgabe des Magazins Alsterdorf zu entwickeln als Blitzlicht mit ersten Eindrücken und Lösungsansätzen von Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedenen Bereichen der Stiftung – von der Wohnungslosenhilfe bis zum Kirchenteam, aus den Werkstätten sowie Krankenhäusern und Hausgemeinschaften in den Stadtteilen.
Denn wenn wir eines konkret erfahren haben, dann, dass wir diese Pandemie gemeinsam schaffen, indem wir uns vertrauen und voneinander lernen, uns übergreifend vernetzen und Hand in Hand arbeiten.
Wir hoffen sehr, bald wieder in einen direkten Austausch mit Ihnen gehen zu können, und würden uns freuen, mit unseren ersten Eindrücken eine Basis für viele folgende Gespräche und gute gemeinsame Lösungen zu schaffen.
Bleiben Sie behütet.
Hanns-Stephan Haas, Ulrich Scheibel, Hanne Stiefvater, Thilo von Trott
Der Vorstand der Evangelischen Stiftung Alsterdorf