Unterstützte KOMMUNIKATION

Barrieren im Alltag abbauen, gesellschaftliche Teilhabe stärken

Teilhabe und Selbstbestimmung: Nur wenn sich Menschen mit Behinderung mitteilen können, haben sie auch die Chance, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen und Wünschen zu gestalten. Dies zeigt sich in vielen Lebensbereichen wie Arbeit, Wohnen, Gesundheit, Kita und Schule. Wer nicht über Sprache verfügt, ist in seinen kommunikativen und interaktiven Fähigkeiten stark eingeschränkt. Maßnahmen und Werkzeuge der Unterstützten Kommunikation (UK) eröffnen Betroffenen und deren Interaktionspartner*innen Wege, sich miteinander zu verständigen und Barrieren im Alltag abzubauen. Dabei kommen Gebärden und Handzeichen, grafische Symbole sowie technische Kommunikationshilfsmittel wie etwa Sprachcomputer zum Einsatz.

Gemeinsame Standards erarbeiten

Das Projekt „Unterstützte Kommunikation im Verbund der Evangelischen Stiftung Alsterdorf – Teilhabe stärken“ nimmt Menschen mit Kommunikationsbeeinträchtigungen in den Blick, um die Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Bereichen zu erleichtern. „Unterstützte Kommunikation ist ein zentrales Querschnittsthema. Ob in der Freizeit, in der Kita, in der Schule, bei der Arbeit oder mit Blick auf die Gesundheit: Durch die Möglichkeit, zu verstehen und verstanden zu werden, sichert Unterstützte Kommunikation die Selbstbestimmung und die Teilhabe für alle“, so Jessica Hruschka aus dem UK-Projektteam und Lehrkraft in der fachschule für soziale arbeit alsterdorf.

Ziel des Projektes ist es, ein stiftungsweites Konzept für den Einsatz von Unterstützter Kommunikation zu entwickeln

Ziel ist es, ein stiftungsübergreifendes Rahmenkonzept für den Einsatz von UK zu entwickeln, um die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Kommunikationseinschränkungen nachhaltig zu verbessern, ihre Bildungschancen zu erweitern und persönliche Kompetenzen zu stärken. Dies trägt wesentlich zum Abbau von Barrieren im Alltag bei. Besonderes Augenmerk liegt auf der Gestaltung von Schnittstellen und Übergängen zwischen Lebensbereichen und -phasen. „Wechselt ein/e Nutzerin von UK zum Beispiel von der Schule in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung, besteht die Gefahr, dass er/ sie die eigenen UK-Hilfsmittel nicht zur Verfügung hat oder nicht nutzen kann, weil Mitarbeiterinnen vor Ort diese nicht ausreichend gut kennen“, sagt Gerd Nodorp, Mitglied des UK-Projektteams und stellvertretender Schulleiter der fachschule für soziale arbeit alsterdorf. „Manchmal passiert so etwas auch beim täglichen Wechsel zwischen Lebensbereichen wie der Schule und dem Zuhause. Zu Hause kennen alle Familienmitglieder die Gebärden, in der Schule aber nicht. Daher ist es so wichtig, die Schnittstellen zwischen den Institutionen und den Lebensbereichen bewusst so zu gestalten, dass keine Abbrüche in der Kommunikation passieren und ein kontinuierliches Weiterlernen möglich ist.“

Neun Menschen stehen mit Abstand vor einem Haus
Teilnehmer*innen des Arbeitskreises UK (von links nach rechts): Swantje Krebs (alsterarbeit), Linda Lücke (Berufsfachschule für Logopädie, Gesine Drewes (UK-Projektteam und aawest), Claudia Ulrich (alsterarbeit), Margarethe Reimers (aaost), Jessica Hruschka (UK-Projektteam und FSA), Söngül Arica (Bugenhagenschulen), Gerd Nodorp (UK-Projektteam und FSA), Heike Burmeister (WOI) – Fotos: Axel Nordmeier

Bereits im Sommer 2020 wurde ein gesellschafts- und bereichsübergreifender Arbeitskreis gegründet, der gemeinsame Standards und Strukturen für die Unterstützte Kommunikation ausarbeitet. „Die Teilnehmer*innen haben die wichtige Rolle, die Ergebnisse in die Bereiche und Gesellschaften zu kommunizieren und Entscheidungen vorzubereiten“, so Gerd Nodorp. „Darüber hinaus befördern und initiieren die Mitglieder des UK-Arbeitskreises die Implementierung von UK in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen.“

Das Projekt findet die volle Unterstützung des Vorstands und wird von der fachschule für soziale arbeit koordiniert: „Um mit Unterstützter Kommunikation auch technisch-digital einen großen Schritt voranzukommen, braucht es einen ordentlichen Schub, und das ist gerade in diesen Zeiten sehr wichtig“, so Hanne Stiefvater, Vorständin der ESA. „Jeder Mensch möchte die Veränderungen durch die Corona-Pandemie verstehen und mitteilen können, wie es ihm damit geht.“

Die beteiligten Gesellschaften/ Bereiche sind:

  • alsterdorf assistenz ost gGmbH
  • alsterdorf assistenz west gGmbH
  • alsterarbeit gGmbH
  • Berufsfachschule für Logopädie
  • Bugenhagenschulen
  • Kindertagesstätten des Bereichs Bildung
  • Sengelmann Institut für Medizin und Inklusion – SIMI
  • Werner Otto Institut gGmbH
  • fachschule für soziale arbeit
  • theravitalis alsterdorf

Der Arbeitskreis arbeitet kooperativ und ist offen für Betroffene, also „Experten in eigener Sache“, Angehörige oder fachliche Berater*innen, die als Gäste eingeladen werden können.

Start mit Bestandsaufnahme

Mit der Konstituierung des Arbeitskreises startete eine umfassende Bestandsaufnahme: „Die Erhebung der aktuellen Situation soll darüber Auskunft geben, wie viele Menschen mit einer Kommunikationsbeeinträchtigung in der Evangelischen Stiftung Alsterdorf leben, arbeiten, zur Schule gehen oder weitere Angebote erhalten“, so Gesine Drewes, Mitglied des UK-Projektteams und Mitarbeiterin der alsterdorf assistenz west. „Darüber hinaus möchten wir mehr darüber erfahren, wie viele Mitarbeitende welche Kenntnisse zum Thema Unterstützte Kommunikation mitbringen und welche Ausstattung ihnen zur Verfügung steht. Auf dieser Grundlage lassen sich viel besser passende Maßnahmen für die Gestaltung der Übergänge von Menschen in verschiedenen Lebensphasen und Bereichen planen.“

Zwei Frauen mit Nasen-Mundschutz am Tisch sitzend im Gespräch
Angeregte Diskussionen: Auf dem ersten Präsenztreffen des Arbeitskreises im Oktober ging es um die Definition einheitlicher Standards für die Unterstützte Kommunikation – Foto: Axel Nordmeier

Die quantitative Auswertung der Bestandsaufnahme erfolgt in den einzelnen Bereichen und Gesellschaften. Das Projektteam fasst die Ergebnisse für eine qualitative Gesamtauswertung zusammen.

Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden differenzierte Projektziele, Strukturen und Maßnahmen für die gesamte ESA entwickelt.


››› Was ist Unterstützte Kommunikation (UK)?

Unterstützte Kommunikation ist der Oberbegriff für umfassende pädagogische und therapeutische Maßnahmen, die die Kommunikation von Menschen unterstützen, die nicht in ausreichender Weise über Sprache verfügen. In der UK wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch das Bedürfnis nach Kontakt und Kommunikation hat. Daher sind Partizipation und Selbstbestimmung die wichtigsten Ziele beim Einsatz von UK. Dabei kommen verschiedene Hilfsmittel zum Einsatz, um die Sprache und Interaktion von Menschen zu verbessern. Dazu gehören Gebärden, Bildkarten und Symbole genauso wie elektronische Hilfsmittel. Ausgehend von den aktuellen Kompetenzen einer Person werden im Rahmen der UK individuelle Möglichkeiten für eine bessere Verständigung und mehr Mitbestimmung im Alltag entwickelt. UK sollte so früh wie möglich und so umfänglich wie nötig eingesetzt werden, um positive Erfahrungen und vielfältiges Lernen zu ermöglichen.