Foto David Olla

Baakenhafen: ein ganz besonderer Aufbruch

Als Hafengebiet mit moderner Architektur ist die Hamburger HafenCity per se ein Ort des Aufbruchs. Durch ein innovatives Angebot der alsterdorf assistenz west können hier jetzt auch Menschen mit hohem Assistenzbedarf neu starten – in die erste eigene Wohnung und in ein Leben mit hoher Autonomie.

Der Baakenhafen soll ein „Quartier der Generationen“ werden, in dem unterschiedlichste Menschen leben und den Stadtteil gemeinsam entwickeln. Die alsterdorf assistenz west (aawest) ist hier mit einem besonderen Projekt vertreten: In der Baakenallee und in der Versmannstraße entstehen mehrere Wohnungen, bei denen Klientinnen, die bei der aawest ambulante Leistungen in Anspruch nehmen, direkte Mieterinnen sind. Eine Besonderheit ist, dass das Projektteam sowie die späteren Bewohnerinnen schon bei der Bauplanung mit einbezogen wurden. Der Baakenhafen ist das erste Projekt, in dem alle modernen Methoden der Eingliederungshilfe – ressourcenorientierte Assistenzplanung, technisch gestützte Assistenz und Unterstützte Kommunikation – von vorneherein mitgedacht und kontinuierlich genutzt werden. Das Quartier ist also nicht nur ein Aufbruch für die zukünftigen Mieterinnen, sondern auch für die aawest, die hier eine selbstbewusste Weiterentwicklung ihrer Assistenzkultur vollzieht.

Technische Innovationen im Baakenhafen

Pamela Heiser, Fachberaterin für technisch gestützte Assistenz und Unterstützte Kommunikation begleitete das Projekt von Baubeginn an. „Die frühe Einbindung ermöglichte uns mit Unterstützung mehrerer Spender, bauliche Voraussetzungen für technische Alltagsunterstützung zu schaffen“, erläutert sie. Die Smart-Home-Technik bietet viele Möglichkeiten: Elektrische Tür-und Fensteröffner, Lichtsteuerung und Notruftechnik sind nur einige. Das Projektteam entwickelte ein variables Konzept für die Installation technischer Hilfen. „Die Basis, zum Beispiel Stromquellen über Fenster-und Türzargen, ist da – welche technischen Geräte die Mieter dann einbauen, bestimmen sie selbst“, bringt es Pamela Heiser auf den Punkt.

Ein Maßanzug – kein Anzug von der Stange

Das gilt auch für alles andere im Baakenhafen: Der Wille der Mieterinnen steht im Mittelpunkt – nicht nur bei den technischen Gegebenheiten, sondern bei allen angebotenen Dienstleistungen. Der Entstehungs­prozess der Assistenzdienstleistung selbst ist das große Novum am Projekt Baakenhafen. „So wie das gesamte Quartier neu entsteht, so gibt es keine vorgefertigten Strukturen, an die sich die Mieterinnen anpassen müssen. Sie gestalten diese aktiv mit“, erläutert Tobias Fink, Projektleitung des Assistenz­angebotes Baakenhafen.

Eine zentrale Rolle spielen dabei die Teilhabelotsinnen: Sie unterstützen Menschen mit Assistenzbedarf von Beginn ihrer Anfrage an dabei, ihre persönlichen Interessen zu klären und zu formulieren. Darauf aufbauend werden gemeinsam passgenaue Unterstützungsarrangements entwickelt, vorrangig bestehend aus eigenen Ressourcen der Klientinnen. Das können zum Beispiel Freunde, Familie und Vereinsangebote sein. Dann erst folgen Überlegungen zu professionellen Dienstleistungen. „Die Personenzentrierung wird von Anfang an konsequent umgesetzt. Das sichert ein selbstbestimmtes Leben, auch für Menschen mit hohem Assistenzbedarf“, so Judith Beliaeff, Teilhabelotsin im Eingangsmanagement.

Im Sommer ziehen die ersten Mieter*innen ein. Jeder mit ganz persönlichen Vorstellungen vom neuen Wohnen. David Olla ist einer von ihnen. Für ihn sei seine Wohnung der Beginn eines neuen Lebensabschnittes, sagt er.

Foto David Olla
David Olla freut sich schon sehr auf seine erste eigene Wohnung – Foto von der alsterdorf assistenz west

„Die Mieter gestalten das Quartier aktiv mit“

Herr Olla, wie sieht denn Ihre jetzige Wohnsituation aus?

Ich wohne in einer betreuten Wohngemeinschaft in St. Georg. Ich lebe gerne in der WG, zwei meiner Mitbewohner sind gute Freunde geworden. Mit ihnen bin ich vor Corona oft ausgegangen. Wir gehen auch oft Fußball spielen. Aber ich fühle mich in St. Georg nicht wohl. Auch für meine zwei kleinen Schwestern ist das keine gute Umgebung. Ich möchte eine ruhigere, familienfreundliche Umgebung.

Warum gerade die HafenCity?

Ich finde es super, dass das alte Industriegebiet so modern geworden ist. Es gibt viel Grün, viele Freizeitmöglichkeiten. Ich kann es kaum erwarten, die Aussicht auf meinem Balkon zu genießen! Mir gefällt der Blick auf das Wasser.

Wo brauchen Sie Unterstützung?

Ich möchte eine feste Bezugsperson, auf die ich mich verlassen kann. Ich brauche jemanden, der mir bei Behördenangelegenheiten hilft und mich bei dem richtigen Umgang mit meiner EC-Karte unterstützt. Vieles mache ich schon selbst – zum Beispiel nutze ich mein Handy, um mir Termine zu merken.

Warum ist die Wohnung für Sie ein Aufbruch?

Ich möchte noch selbstständiger und unabhängig von meiner Mutter werden. Ich werde an der Abendschule meinen Hauptschulabschluss nachholen und einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt suchen. Im Moment arbeite ich auf einem Außenarbeitsplatz von alsterarbeit bei Lufthansa Technik. Flugzeuge sind meine große Leidenschaft. Irgendwann möchte ich in der Flugzeughalle arbeiten. Ich will ins Erwachsenenleben aufbrechen.

Vielen Dank für das Interview!