So geht Wählen

Konzentriert und kreativ bereitet das inklusive Team die Informationen für die Bundestagswahl für Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen vor - Foto von Axel Nordmeier

Ein inklusives Team organisiert barrierefreie Wahlinformations-Veranstaltungen zur Vorbereitung auf die Bundestagswahl am 26. September 2021.

Eigentlich genial: Politikerinnen antworten in jeweils 90 Sekunden in einfacher Sprache auf die drängendsten Fragen der Bürgerinnen. Was hier nach Speeddating mit Polit-Prominenz klingt, ist eine einfache Struktur, die es manchen Menschen erst ermöglicht, einer politischen Informations­veranstaltung zu folgen.

Der Ablauf ist klar festgelegt: Auf dem Podium sitzen fünf Männer und Frauen aus den im Bundestag vertretenen Parteien. Nacheinander werden allen die gleichen Fragen gestellt. Jeweils anderthalb Minuten hat jeder Politiker/jede Politikerin dann, um die Frage zu beantworten. So hat es das inklusive Planungsteam für barrierefreie Wahlinformationsveranstaltungen der Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA) festgelegt. Nach 90 Sekunden erklingt der Gong. „Jedes gesprochene Wort wird verschriftlicht und gut sichtbar auf eine große Leinwand übertragen. Für gebärdensprachliche Teilnehmer*innen wird parallel gebärdet, und falls die Antwort noch zu kompliziert war, übersetzt die Moderation das Gesagte in verständliche Sprache. Erst wenn die Fragestellerin oder der Fragesteller alles verstanden hat, geht die Frage weiter an die nächste Politikerin oder den nächsten Politiker“, schildert Kerstin Hopf aus dem Planungsteam das Vorgehen.

Die Anforderungen der Zielgruppen im Blick

Zur Bürgerschaftswahl 2020 hat sich das inklusive Planungsteam gebildet. Zielgruppe ihrer Veranstaltungen sind alle, die eine einfache Sprache, Kommunikations-Unterstützung und eine klare Struktur benötigen, um sich zu informieren. Das Planungs-Team trifft sich derzeit alle zwei Wochen online und entwickelt unter anderem den Fragenkatalog für die Politiker*innen. In Gesprächen mit Menschen aus den unterschiedlichen Zielgruppen, mit Freunden und Bekannten recherchieren die Teammitglieder die drängendsten aktuellen Themen.

Probelauf für die Wahl

Manchmal trifft sich das Team auch im großen Saal der Alsterdorfer Kulturküche, mit Masken und Abständen – coronakon­form. Am 17. Februar zum Beispiel ging es um ein weiteres Projekt zur Wahlvorbereitung: die Wahlstraße. In dieser Ausstellung in der Kulturküche am Alsterdorfer Markt soll Schritt für Schritt gezeigt werden, wie Wählen funktioniert. Die Idee kam von Team-Mitglied Oliver Gehrkens, der im Rah­men seiner Ausbildung zur Bürokraft schon einmal eine solche Ausstellung mitorgani­siert hat. „In einem Teil des Saals kann man die einzelnen Schritte der Briefwahl üben. Ein anderer Bereich wird zum Wahllokal umgebaut. Wie im echten Leben wird hier alles zu finden sein, womit auch die Schulen und Bezirksämter am 26. September aus­gestattet sein werden. Nur eben viel früher: Schon vom 31. Mai bis 4. Juni können alle, die noch nie gewählt haben, ganz in Ruhe ausprobieren, wie das genau geht“, freut sich Oliver Gehrkens vom Planungsteam. Damit es klappt, lässt sich das Team vom Hamburger Landeswahlleiter Oliver Rudolf beraten, der auch das Originalmaterial zur Verfügung stellt.

Kooperation ermöglicht umfassendes Programm

Von Anfang an dabei war auch die Landeszentrale für politische Bildung, die sofort ihre Unterstützung anbot und den Anstoß gab, sich mit Leben mit Behinderung Hamburg (LmBHH) zusammenzutun, die zeitgleich mit der ESA Aktionen zur Bundestagswahl planten. Aus dieser Zusammenarbeit entsteht jetzt ein umfassendes Programm, das bis zur Bundestagswahl Aktionen und Veranstaltungen mit verschiedenen Formaten, an Orten in ganz Hamburg beinhalten wird.

Mehr Reichweite durch Online-Streaming der Veranstaltung

Coronabedingt musste das Team dieses Jahr aus der Not eine Tugend machen: Während zur Bürgerschaftswahl 2020 noch mehr als 120 Besucherinnen die Antworten der Politikerinnen direkt in der Kulturküche verfolgten, ist im August 2021 noch kein dichtes Gedränge im Saal vorstellbar. Daher wird die Veranstaltung nun online übertragen. Für alle, die nicht digital ausgestattet sind, finden Public Viewings mit kleinen Gruppen in den Treffpunkten der ESA und von LmBHH statt. Mit dem aus der Not geborenen Format können nun wesentlich mehr Menschen erreicht werden. Darüber hinaus ist es gleichzeitig barriereärmer als ein zentraler Ort, an dem Menschen dicht an dicht stehen und sitzen. „Die beiden Trägerinnen, ESA und LmBHH, begleiten die Veranstaltungen ab Mai mit einer gemeinsamen Social-Media-Kampagne. Über ihre Facebookseiten und den Hashtag ‚wir_gehen_wählen‘ posten sie Wissenswertes zum Thema und informieren über die Veranstaltungen“, so Andre Juhls aus dem Vorbereitungsteam zu den weiteren Aktionen.


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