Jeder Mensch braucht Sinnhaftigkeit und Gemeinschaft

Zwei Frauen im Café Ursprung

Zentrale Aufgabe der alsterdorf assistenz ost ist es, ihren Klient*innen die nötige Unterstützung zu bieten, um gleichberechtigt und selbstbestimmt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können. Ein Einblick in verschiedene Tagesförderstätten zeigt, wie groß der Wunsch nach Beschäftigung und sozialem Austausch bei allen Menschen ist.

Beschäftigung schafft Mehrwert für alle

Am Vormittag herrscht reges Treiben in der Tagesförderung Bargenhof. An den Wänden stapeln sich Getränkekästen, die darauf warten, von den Klient*innen ausgeliefert zu werden. Im Raum nebenan ist das Bücherlager. Hier wird Literatur aus zweiter Hand gesammelt und weiterverkauft – ebenfalls von Klient*innen. „Unsere Tagesförderung ist ein Beispiel dafür, wie eine arbeitsnahe Beschäftigung aussehen kann, die wirklich einen Mehrwert kreiert. Sowohl für die Klient*innen als auch für diejenigen, die von unseren Dienstleistungen profitieren“, erklärt Sozialpädagoge Jan Mohr. Die Klient*innen selbst erzählen stolz von ihren Aufgaben. „Als ich hier angefangen habe, hatte ich keine Ahnung, wie das mit den Büchern geht. Jetzt mach ich hier fast alles alleine!“, berichtet Mounir Jenayah.

Tagesförderungen unterstützen auch das lokale Miteinander im Quartier

Wenige Kilometer weiter befindet sich das inklusive Café Ursprung, in dem Klient*innen im Service und in der Küche aushelfen. Hier wird schon am Vormittag fleißig gebacken und Gemüse geschnippelt. Die Tomatensauce von Klientin Angelina Eichholz ist bereits in aller Munde. Neben der produktiven Arbeit kommen auch gemeinsame Ausflüge nicht zu kurz. So schwärmt Leyli Nisanci noch heute von ihrem Besuch im St.-Pauli-Stadion. „Für uns ist es wichtig, dass alle, die zu uns kommen, einen erfüllten Tag haben, sich ausprobieren und mit anderen austauschen können. In der Tagesförderung hat jeder die Möglichkeit auf Teilnahme, aber auch auf Teilgabe“, sagt Stefanie Schmidt-Egge, Assistenzteamleitung der Tagesförderung. Indem sich die Klient*innen untereinander helfen oder Besucher*innen des Cafés bedienen, leisten sie einen aktiven Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander. In der Tagesförderung im Haus am See dreht sich alles um Kreativität. Egal ob Malen, Töpfern oder Handarbeiten – wer hierherkommt, kann nicht umhin, sein künstlerisches Potenzial zu entdecken und zu entfalten. Sowohl die hauseigene Deko als auch saisonale Geschenkartikel wie Weihnachtsbaumkarten werden hier in Serie produziert. „Für die Klient*innen zählt vor allem die Abwechslung, die Ablenkung von alltäglichen Sorgen und das Gefühl, selbst etwas zu erwirtschaften“, so Regina Fröhlich, Assistenzteamleitung Tagesförderung Haus am See. „Aber auch zusammen lachen, sich unterhalten und über Probleme reden zu können ist ihnen sehr wichtig.“

Künstlerisches Arbeiten gehört zur Palette der Aktivitäten in der Tagesförderung im Haus am See
Künstlerisches Arbeiten gehört zur Palette der Aktivitäten in der Tagesförderung im Haus am See – Fotos Sascha Ornot

Corona hat gezeigt, was wichtig ist

Durch Corona war der Regelbetrieb der Tagesförderstätten lange Zeit ausgesetzt. Die Gruppen wurden verkleinert, sodass die Klient*innen nicht mehr wie in gewohntem Umfang, sondern nur noch an bestimmten Wochentagen kommen konnten. Seit dem ersten September kehrt nun Stück für Stück etwas Normalität zurück. „Es ist schön, dass wir jetzt nicht mehr so viel reglementieren müssen. Alle können wieder freier im Raum herum­gehen. Wir hoffen auf mehr Lebendigkeit in der Gruppe!“, so Regina Fröhlich. Die vergangenen Monate haben verdeut­licht, wie wichtig eine feste Struktur und der Austausch mit anderen Menschen sind. „Ich persönlich bin sehr glücklich, dass ich zusammen mit den Beschäftigten und Kolleg*innen wieder den Alltag gestalten, leben und arbeiten kann. Wir können wieder kochen, spazieren gehen und gemeinsam lachen“, sagt Stefanie Schmidt-Egge. Für einige Klient*innen war es aber auch schön, in kleineren Gruppen zu arbeiten. „Das brachte viel Ruhe, Zuwendung und Sicherheit. Dadurch, dass wir im Zuge der Pandemie nicht so viel in der Öffentlichkeit waren, hatten wir Zeit, den Garten mit viel Gemüse zu bepflanzen. Im Sommer konnten wir täglich Radieschen, Tomaten, Kohlrabi, Salat, Gurken und Möhren ernten“, freut sich Ingrid Beermann, Assistenzteam­leitung Tagesförderung Bredenbekstraße.

Warum wir soziale Netzwerke brauchen

Jede der 14 Tagesförderstätten der als­terdorf assistenz ost hat einen anderen Schwerpunkt. So können Menschen mit Assistenzbedarf mit Blick auf ihre individuel­len Bedürfnisse gefördert werden. „Zu unseren Zielen gehört, praktische Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln und zu erweitern und sozialräumliche Kontakte zu ermöglichen. Hinzu kommt, die Teilhabe am Arbeitsleben sicherzustellen und möglicherweise auf eine Arbeitstätigkeit in einem anderen Umfeld vorzubereiten“, fasst Michael Jürgensen, Assistenzteamleitung der Tagesförderung Manshardtstraße, zusammen. Die Tagesförderung schafft ein Umfeld für Menschen, die sich dieses nicht selbst erschließen können. „Wir gehen mit den Menschen in den Stadtteil, nutzen öffentliche Räume wie das Einkaufszentrum, den Sportplatz und die Kirche, übernehmen kleine Arbeiten im Umfeld, zum Beispiel Unterstützung bei der Gartenarbeit der Kirche, erledigen kleine Sperrmüllaufträge für Kirche und Kita und nehmen gemeinsam an Festen im Umfeld teil“, erzählt Michael Jürgensen. Neben den Klient*innen unterstützen die Tagesförderungen also auch das lokale Miteinander, indem sie sich täglich dafür einsetzen, dass Inklusion nicht nur eine Chance, sondern ein Imperativ unserer Gesellschaft wird.


››› Auszug aus dem Leitbild der aaost:

  • Wir engagieren uns für Menschlichkeit und Solidarität.
  • Wir glauben: Jeder Mensch ist von Gott als freies Wesen geschaffen.
  • Wir achten die Würde eines jeden Menschen, indem wir seine Freiheit, seine Verantwortung für sich und andere, seine Autonomie und seine Individualität anerkennen und respektieren. Jeder Mensch braucht Annahme und Respekt, Gemeinschaft und Bedeutung für andere.
  • Wir unterstützen Menschen und Gemeinschaften, ihr Leben in diesem Sinne zu entfalten und es mit Freude und Eigensinn leben zu können.